Wo kommt das Böse her wenn der Mensch grundsätzlich gut ist? Trägt ein Säugling, ein neugeborenes Kind das Böse wie das Gute bereits in sich? Verfügt es über das Potenzial des Bösen und wird es erst dann im Laufe seines Lebens?
Und wird dieses Potenzial aufgrund seiner Wahrnehmung, seiner Erziehung, seiner Bildung, seiner Erfahrung angeregt? Wie soll sonst das Böse entstehen? Es entsteht doch nicht aus dem Nichts. Was gibt es schon in diesem Universum, das sich selbst erzeugt? Und wenn der Mensch grundsätzlich gut, und nicht böse ist, dann resultiert das Böse zwangsläufig aus dem Guten.
Demzufolge, wäre das Gute der innere Ur-Zustand des Menschen. Aber eben nur ein Zustand. Wie soll sich der Mensch diesen Zustand bewußt machen, wenn er aus diesem nicht erwacht? Ein Zustand ist etwas statisches, das für sich ist aber nicht lebendig ist. Das Lebendige bewegt sich. Erst durch die Bewegung, wird eine Sache zum Leben erweckt. Man ver-lässt diesen Ur-Zustand und versetzt sich in Bewegung, wodurch man sich seines Seins erst bewußt wird. Was entdecke ich nachdem ich den Zustand des gut-Seins verlassen habe und wohin begebe ich mich ?
Gut kommt nicht etwa aus dem Aussen und der Mensch verinnerlicht es. Es bewegt sich nicht von Aussen nach Innen, sondern von Innen nach Aussen und was sich draussen befindet, kommt zwangläufig von innen. Der Mensch projiziert also seinen guten Anteil nach Aussen um dessen sich bewusst zu werden. Es hinaus zu projizieren reicht aber nicht allein aus, um die Information des Guten an das Bewusstsein zu vermitteln. Noch muss es zurückkommen, das heisst dort zurück wo es herkommt, und erst dann kann man sich seines Inneren bewusst werden. Was hinausprojiziert wird, muss zurückreflektiert werden, wie ein Schrei ein Echo erzeugt, das zurückkommt wenn es auf Materie geprallt ist.
Nun, wo kommt das Böse her? Wenn ich das Gute in die Welt hinaustrage, wie kann es sein, dass ich etwas anderes als das was ich ausstrahle, zurückbekomme? Alles was nicht dem entspricht was ich dieser Welt von mir gebe, kann auch nicht aus mir entstanden sein. Wenn Gutes aber, Gutes erzeugt, wie und wann weiss ich, dass das eben das Gute ist? Zwangsläufig muss ein Bezug bestehen, sonst weiss ich zwar, dass da was ist, kann es aber nicht definieren und auch nicht erkennen. Ich verändere sozusagen nicht meinen ursprünglichen Zustand. Dieser Bezug ist es auch, der mir das reflektiert, was ich in die Welt projiziere.
Wenn auch der Bezug gut ist, tauschen wir nur Gutes hin und her, und wir verlassen nie unseren Ur-Zustand. Das Böse ist somit immer noch nicht entsanden. Nun ja, da draussen gibt es unzählige Beziehungsformen zwischen unzähligen Lebewesen. Die Natur hat ihre Gesetze, den ich unterstellt bin und das Gesetz des Stärkeren ist nun mal eins davon. Das bedeutet, dass ich in der äusseren Welt mit Lebewesen, Sachen konfrontiert werde, die für mich bedrohlich sind. Begegne ich einem hungernden Wildtier, laufe ich die Gefahr von diesem getötet und gefressen zu werden. Diese Begegnung löst Angst in mir aus, das mich ermöglicht, intuitiv zu handeln. Bevor ich diesem Lebenwesen begegnete, kannte ich es nicht, es war mir fremd und nun erkenne ich, dass das Fremde mich bedrohen kann. Also habe ich Angst vor dem Unbekannten. Habe ich die Erfahrung dieses Fremden gemacht, so weiss ich es umzugehen, mich vor ihm zu schützen oder mich dagegen zu wehren.
Aus dieser Begegnung, die nichts anderes ist als eine Beziehung zwischen zwei Wesen, erhalte ich als Spiegel des Guten, das ich nach aussen projiziert habe, ein Gefühl zurück, das dem nicht entspricht und schon löst das einen inneren Konflikt der Inkohärenz aus. Ich habe nun die Erfahrung mit der Angst gemacht und bin von nun an ein, dem Unbekannten gegenüber, misstrauisches Wesen.
Dem Guten in mir, steht die Angst entgegen und erst dadurch, weiss ich es als solches zu erkennen. Ich kann von nun an zwischen Gut und Böse unterscheiden, denn als Böse erachte ich alles wovor ich Angst habe, sprich dem Unbekannten. Vorsicht ist geboten; ich habe erfahren, dass das Leben mich mit dem Tod droht und fange an mich im Endlichen wahrzunehmen.
Was macht das Wildtier, jetzt wo ich gelernt habe, ihm zu entweichen, vielleicht sogar es zu bekämpfen? Es kommt nicht mehr zu seinem Ziel, es kann mich nicht mehr so leicht fangen. Es fängt an Strategien zu entwickeln und trickst mich aus und zwar, indem es sich die Eigenschaften des Guten, wovor ich nicht Angst habe, Zunutze macht. So wurde dem Bösen gedient, indem man sich des Guten bediente. Es konnte nicht anders als sich die Eigenschaften des Guten zum Eigen zu machen um seinen Zwecken zu dienen. Seitdem heisst es für den Weisen: so misstraue dem, der für dein Bestes zu handeln behauptet. Fühlt sich das nicht so an, so vertraue voll und ganz deiner Intuition.
Als der Mensch die Erfahrung des Bösen machte, erkannte er simultan das Gute, er bekam einen Einblick in seinem Inneren. Die Frage ob er das Gute als Teil seines Wesens, als innere Wahrheit betrachten konnte mag in den Raum gestellt werden. Vielmehr kommt es mir so vor, als dass er diese Eigenschaften als von Aussen kommend wahrnahm. Das Böse wurde im Wildtier erkannt, also im Äusseren, und mit dem Guten, dürfte es auch so gewesen sein.
Alles kommt aus dem Inneren heraus und kehrt ins Innere zurück. Der Zustand, das Gefühl wird dem Mensch erst bewusst, wenn es im Aussen eine entsprechende Räsonanz Fläche findet, die das Echo zurücksendet; deshalb verwechselt der Mensch sein Gegenüber mit der Quelle seines Zustandes, seines Gefühls. Er ist sich des ersten Schrittes nicht bewusst, nämlich, dass er etwas aussenden muss, bevor er überhaupt ein Echo empfängt.
Schlussendlich, erkennen wir, dass Gut und Böse sich gegenseitig bedingen. Ohne die Erfahrung des Bösen, könnte das Gute an sich nicht erkannt werden.
Das Böse ist nicht die Angst und ursprünglich auch nicht das Wildtier, das schlicht und einfach sich seiner Natur treu ist. Vielmehr besteht das Böse darin, sich des Guten zu bedienen um die Angst zu schüren. doch das Böse st kein Schicksal. Sobald ich Gut und Böse von einander unterscheiden kann, habe ich einen freien Willen. Böse beschreibt nur einen Bewusstseinszustand, der Ignoranz heisst.
Das Böse dient einem Zweck, es ist eine Handlung, das Gute ist zwecklos, es ist eine Haltung.