Was ist nun genau Verantwortung? Vor allem, was bedeutet das, für sich selbst verantwortlich zu sein? Dass ich das verantworte, was ich in die Welt setze mag klar sein. Was ist aber mit dem, was mir widerfahren wird? Mit all dem, was mir zugefügt wird? Muss ich das auch verantworten?
Wenn ich das tue, welche Verantwortung trägt derjenige, der mir etwas zugefügt hat? Nehme ich sie ihm dadurch ab? Das kann doch nicht sein, dass ich dafür verantwortlich gemacht wird; für etwas, das jemand anderer in die Welt gesetzt hat. Dies wäre schlicht und einfach ungerecht. Und das Prinzip der Verantwortung würde nicht für alle gleichermaßen gelten. Also kann es nicht so etwas geben wie die vollkommene Selbstverantwortung.
Doch, das gibt es… Zu verantworten habe ich alles was auf mich zurückzuführen ist und was mich betrifft. Demzufolge, schliesst das sowohl die Intention meiner Handlung als auch die Wirkung der Handlung Dritter auf mich ein. Was ist damit gemeint?
– Meiner Intention folgt eine Handlung. Letztere mag überlegt oder unüberlegt sein. Nichtdestotrotz, hat meine Handlung eine Wirkung. Auf diese Wirkung, habe ich keinen Einfluss, sondern nur auf meine Intention. Und es ist meine Pflicht, diese Wirkung zu Kenntnis zu nehmen, das heisst zu schauen, ob sie meiner Intention entspricht oder nicht. Wenn nicht, muss ich erkennen, ob ich ihr mir überhaupt bewusst war. War ich ihr mir bewusst, aber sie hatte eine wider Erwartende Wirkung, so gilt es sie zu hinterfragen. Die Intention verantworte ich voll und ganz. Die Wirkung liegt ausserhalb meiner Macht und ich kann sie nicht verantworten, denn nur der Betroffene kann eine Antwort auf die Frage geben, welhalb er auf eine Handlung so reagiert, wie er reagiert. Es ist ein Irrtum, die Verantwortung demjenigen zuzuschreiben, der die Intention in einer Handlung umgesetzt hat, denn dadurch wird dem Betroffenen die eigene Verantwortung entzogen und somit die Möglichkeit, eine Antwort auf die Wirkung zu finden. Im schlimmsten Fall, wenn dem Betroffenen großes Leid widerfahren wird, wird ihm dadurch die Heilung erschwert. Darauf kommen wir im zweiten Punkt.
-Die Handlung Dritter wirkt auf mich ein. Nur ich habe einen Einfluss darauf, was in mir passiert, wenn ich das Ziel einer Handlung bin. Die Wirkung der Handlung Dritter hängt von meiner Verfassung ab, und auf diese, kann nur ich Einfluss haben. Ich verantworte wie gesagt, nicht die Handlung selbst, die dem Täter allein zuzuschreiben ist, sondern trage in mir die Antwort darauf, was seine Handlung in mir ausgelöst hat. Die Handlung des Täters nachzuvollziehen, ändert nichts an deren Wirkung auf mich. Demzufolge, bin ich dafür verantwortlich dieser Wirkung auf den Grund zu gehen damit ich überhaupt eine Chance habe zu heilen. Ist mir großes Leid zugefügt worden, so nimmt mir das den Schmerz nicht weg, den Täter für die Wirkung verantwortlich zu machen. Nur für die Handlung und der zugrundeliegenden Intention kann er die Verantwortung tragen. Ist die Wirkung schmerzhaft, so verantworte ich die Heilung dieses Leids.
Die gerechte Zuweisung der Verantwortung trägt dazu bei, dass der Täter zur Erkenntnis kommt und das Opfer heilt. Tritt das ein, so trägt wiederum die Bitte um Vergebung seitens des Täters zur Heilung des Opfers bei, denn sein Schmerz wird dadurch wahrgenommen. Wird der Täter ausschliesslich bestraft und das Opfer entschädigt, etwa durch einen Geldbetrag, so wird der Schmerz des Opfers nicht wahrgenommen. Viel mehr, wird es in dieser Opferrolle bestätigt.
Die Justiz in dem Fall, sorgt mit ihrem gefällten Urteil nur und einzig für eine pseudo-Gerechtigkeit. Die Freiheitsstrafe wird vom Täter als einzige Konsequenz seiner Handlung wahrgenommen, und nicht das Leid des Opfers. Die finanzielle Entschädigung des Opfers wiederum verleitet den Verstand zu dem verheerenden Glaube, dass das Leid des Opfers geheilt wird, obwohl dieses dadurch als nichtig erklärt wird.
So entzieht sich unsere Justiz dem Sinn der kollektiven Verantwortung. Unsere Justiz und ihr Sinn für Moral ist erbärmlich. Eine Handvoll Juristen masst sich an, eine Werteskala des Übels auf Basis selbstdefinierter Maßstäbe aufzustellen, die allgemeingültig ist. Sie interessiert sich keineswegs für das individuelle Leid des Menschen und sorgt auch niemals dafür, dass ein Täter seine Fehler zutiefst bereut und nicht zum Wiederholtäter wird.
Sowie die Medizin von Kranken Menschen, die Religion von Sündern lebt, so lebt auch die Justiz von Verbrechern. Um so wichtiger ist es, in die eigene und vollkommene Verantwortung zu kommen. Denn ICH sorge am besten für mich selbst.